Donnerstag, 25. April 2013

Zu dem Beitrag: Narbenhernie – Pathogenese, Klinik und Therapie

von Volker Schumpelick, Karsten Junge, Uwe Klinge, Joachim Conze
In Deutsches Ärzteblatt 2006; 103(39): A2553-8

Ultima ratio


Die Autoren wählen die Methode Literaturrecherche. Dadurch entsteht eine überholte Systematik zur Pathogenese der Narbenhernie. Die vorgenommene Ausgrenzung der Nahtverfahren ist damit nicht gerechtfertigt. Das Netzverfahren erhält aus Mangel an Erkenntnissen den Vorzug. Aus physiologischer  und anatomischer Sicht ist es ultima ratio.

Wegen der uneinheitlichen Systematik in der angebotenen Literatur ist die Vergleichbarkeit der Studien fraglich. Bleibt noch der publication bias und das cui bono: Irgendwer stellt die Netze her und will sie verkaufen.. Die Förderung von Studien und des wissenschaftlichen Austausches zum Produkt sind elementare Teile des Marketings.

Der Hinweis auf die Problematik der Biokompatibilität von Biomaterialien fehlt, ist aber unabdingbar für die Diskussion. Biomaterialien erneuern sich nicht, sie altern. Durch Bewegung entstehen Reibung, Scherung  Biegung bzw. Abrieb und Bruchstücke. Die Haltbarkeit ist begrenzt. Wie lange ist nachzubeobachten ? Bei einer 45 jährigen Patientin wird ein Kunststoffnetz im Durchschnitt für 40 Jahre gebraucht. Abrieb vagabundiert durch den gesamten Organismus und wird  in Filterorganen wie Lymphknoten, Lunge, Leber,  (Gehirn?) gespeichert.

Fremdmaterial erzeugen  Wundheilungsstörungen. Ohne Fremdkörper findet die Wundheilung mit der Narbenreifung einen Endpunkt. Mit Fremdkörper entsteht eine chronisch granulierende Entzündung ohne Endpunkt. Hierin liegt die eigentliche Funktion des Netzes. Es ist  als Kraftaufnehmer  bedeutungslos. (Andere Interpretationen sind Rückfälle in mechanistisches Denken). Deshalb ultima ratio, nicht Methode der Wahl.

Auf der Grundlage einer revidierten Systematik sind die Indikationen für Nahtverfahren weiter zu stellen. Der hier ex cathedra verkündete Rückzug auf die  Netzverfahren bedeutet vorschnelle Kapitulation vor den Phänomenen der Wundheilung und lädt die Damen und Herren in den schwarzen Roben zur Diskussion.

Wiesbaden, den 15.10. 2006

Dr. Johannes Reinmüller

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